Lambretta LI 125 Special – alias Lambretta 225 very Special
Ein Gastartikel von Patrick | September 2016
Eine Lambretta LI 125 Special, oder auch “Blue Special”, ist nicht nur wegen dem ’65er Baujahr ein seltener Roller, sondern auch wegen der begrenzten Stückzahl von knapp 30.000 Stück. Diese Zahlen lassen den Seltenheitswert der schönen Italienerin erahnen, insbesondere wenn die Original-Lackierung noch vorhanden ist. Es ist mittlerweile gar nicht mehr so einfach an eine gut erhaltene, komplette und unrestaurierte Lambretta zu kommen. Wer schon mal unvorbereitet mit einer originalen Lambretta gefahren ist, wird höchstwahrscheinlich von der etwas knappen Motorisierung überrascht worden sein. Daher empfiehlt es sich aus meiner Sicht, bei der Leistung des Rollers noch einen Zahn zuzulegen – und das geht charmant oder knallhart. Der folgende Bericht widmet sich Letzterem.
Das Wichtigste beim Lambretta-Tuning: Zuerst die Bremsen und das Fahrwerk optimieren!
Vor dem Lambretta-Tuning sollte die originale Trommelbremse gegen eine außen liegende, vollhydraulische Scheibenbremse ersetzt werden. An meiner Blue Special habe ich die CNC-gefertigte Scheibenbremse LTH-Plus von Lambretta Teile Heilbronn verbaut. Diese Scheibenbremse verzögert gleich mit zwei Kolben im Bremssattel alle nachträglich installierten Pferde zuverlässig.
Ein weiteres Plus an dieser Bremse ist die sogenannte Anti-Dive-Lösung, bei der eine am Gabelholm fixierte Stange das unangenehme Eintauchen der Gabel beim Bremsen verhindert. Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur ein komplett hydraulisches Bremssystem empfehlen. Halbhydraulische Lösungen, bei denen zwar der originale Bremshebel optisch bestehen bleibt, jedoch ein Seilzug eine versteckte Bremspumpe ansteuert, fühlen sich schwammig und schlecht dosierbar an. Wer hier Kompromisse macht, spart am falschen Ende.
Mit Steigerung der Motorleistung und der dadurch resultierenden, höheren Endgeschwindigkeit müssen auch Reifen und Stoßdämpfer an die höheren Belastungen angepasst werden. Gute Reifen mit entsprechender Geschwindigkeitsfreigabe sind unerlässlich. Ebenso wichtig ist ein strafferes Fahrwerk. Denn bei schnellen Kurvenfahrten können ausgenudelte, 50 Jahre alte Drahtfedern auch schon mal ohne Vorwarnung zum unfreiwilligen Abstieg führen. Neue Federn in der Gabel und neue, ölgefüllte Zusatzstoßdämpfer bringen die nötige Stabilität in das vordere Fahrwerk. Da die Lambretta-Räder rollertypisch klein sind, sollte man auch hier keinerlei Kompromisse eingehen.
Hinten wurde das originale Lambretta Federbein durch ein verstellbares Federbein BGM R12 V2 vom Scooter Center getauscht. Die Stabilität, Qualität und Performance sind wirklich sehr gut und sorgen für ein absolut souveränes und sportliches Fahrgefühl.
Reicht der Tacho bei 30 PS+ bis 120 Km/h aus?
Nein, reicht er nicht. Mit dem aktuellen Setup sind spielend Geschwindigkeiten von über 130 Km/h erreichbar. Daher muss der originale und recht zuverlässige Lambretta-Tacho einem Retrotacho mit 140 Km/h-Blatt weichen.
Das schönste an alten Rollern und Motorrädern ist die Patina
Im Italien der späten 50er Jahre wurden viele Logos noch handgemalt und versprühten damals noch deutlich den Charme Südeuropas. Neben den kurvigen Blechteilen mit den markanten Formen an der Lambretta dominierten früher Chrom und poliertes Aluminium.
Die Lambretta wurde bewusst nicht neu lackiert. Der Lack zeigt deutlich Kampfspuren der letzten 50 Jahre, tut als Korrosionsschutz und visueller Oldtimer-Indikator aber noch 100%ig seine Pflicht. Gut zu erkennen sind auch die unterschiedlichen Verwitterungszustände. Zum Beispiel weicht der Ton des Beinschilds von dem der Kaskade und des vorderen Kotflügels leicht ab. Offensichtlich scheint in Italien auch nicht immer nur die Sonne… in Wahrheit sind das natürlich Ersatz-Karosserieteile von einem anderen Roller.
Lambretta Leistungssteigerungen
Lambretta 125 (225) Special – Technische Daten
- Innocenti Lambretta Li 125 Special, “Blue Special”
- angepasster GP 200 Motorblock, Monza 225 Aluminium Zylinder (geportet) mit Membraneinlass
- 60er Kurbelwelle von Mito Lambretta mit 118er Pleuel
- original GP 200 Getriebe mit 7-Scheiben-Kupplung Liedholsheim (LTH)
- Kettenspanner von Jockey’s Boxenstop
- elektronische Zündgrundplatte mit 80w von BGM und leichtem Lüfterrad von AFR
- programmierbare CDI-Einheit Kheper V3
- Vergaser Keihin PWK Airstriker 38
- Stoßdämpfer BGM R12 V2
- Vollhydraulische Scheibenbremse LTH Plus mit polierter Bremspumpe
- 12 Ltr. Long-Range-Tank
- Auspuff JL-Franspeed Race mit Schalldämpfer von TSR
- geschätzte, noch unbestätigte Leistung am Hinterrad: 30+ PS