Radfahren im Winter

Radfahren im Winter ist der Geheimtipp gegen überheizte Buden und Hüftgold von den Feiertagen

> Radfahren im Winter – Einleitung
> Das Fahrrad winterfest machen
> Fahrtipps für das sichere Radfahren im Winter
> Fahrrad-Winterbekleidung

 

Durch die kalte Jahreszeit auf zwei Rädern

Radfahren im Winter ist für viele, komfortverwöhnte Autofahrer unvorstellbar. Doch es hat genau die gleichen Vorteile wie im Sommer: Schnell von A nach B, keine Parkplatzprobleme, keine Scheiben freikratzen, fit bleiben und die Natur genießen. Für verlässlichen Fahrspaß brauchen Radler-Innen allerdings unbedingt ein wintertaugliches Fahrrad. Sonst wird das Radfahren in der kalten Jahreszeit richtig anstrengend und ist auch nicht ganz ungefährlich. Natürlich rate ich niemandem bei spiegelglatten Fahrbahnen zu fahren. Außerdem setzt das Radfahren bei tiefen Temperaturen auch ein paar Fahrkenntnisse sowie entsprechende Beleuchtung bzw. Fahrrad-Winter-Bekleidung voraus. Aber dann macht es sogar bei Minusgraden oder im Schnee richtig viel Spaß!

 

Ich bin jetzt drei Winter mit dem Rad auf Winterreifen durchgefahren und muss gestehen: Dezember und Januar sind in Deutschland schon eine harte Probe auf dem Drahtesel. Neben den tiefen Temperaturen ist es unglaublich oft dunkel und nassfeucht. Man muss morgens schon mit Licht starten und abends am besten gleich mit zwei hellen Scheinwerfern fahren, um die nassen Straßen im Gegenverkehr der Autos überhaupt erkennen zu können. Meine Winterbekleidung auf dem Rad ist mit der Zeit immer besser geworden. Ich habe sie nach und nach angeschafft, weil ich gemerkt habe, dass sie zwar teuer – aber jeden Cent wert ist. Richtig teure Fahrräder würde ich im Winter aufgrund von Streusalz nur auf ganz trockenen Straßen einsetzen. Auch auf trockenen Straßen fliegt der trockene Salz- und Taumittelstaub übrigens auf alle ungeschützten Metallteile und sorgt dort für Korrosion. Das habe ich mehrfach bei meinem alten Motorrad erlebt, welches im Winter ausschließlich auf absolut trockenen Straßen gefahren wurde. Viele besitzen ja ein Zweitrad, dass entsprechend für die kalte Jahreszeit präpariert werden kann.

Ein langer Schmutzfänger am Winterfahrrad schützt die Kette vor Spritzwasser und Dreck

Selbstgemachter Schmutzfänger am Winterrad

Zum Beispiel mit Schutzwachs, Winterreifen und Schutzblechen. Überhaupt: Schutzbleche! Seit Jahrzehnten wehre ich mich gegen installierte Schutzbleche, aber die Optik ist in der dunklen Jahreszeit nicht so wichtig. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die Wirkung eines langen Schmutzfängers am vorderen Schutzblech. Noch nicht mal wegen der trockenen Füße, sondern vor allem, zum Schutz der Kette! Ich wollte es nicht glauben, bis ich es selbst ausprobiert habe: Die Kette bleibt dadurch in der nasskalten Jahreszeit wesentlich sauberer und muss nicht so oft nachgeschmiert werden. Gerade bei fehlendem Kettenschutz ist dies ein Supertrick! Den Spritzlappen habe ich aus federleichtem Moosgummi selbst geschnitten. Mit zwei Verschlussklammern von Versandtaschen wiegt er keine 10 Gramm.

Rennradfahrer trainieren im Winter gern indoor auf der Rolle oder beim Spinning. Natürlich kann man sich so im Winter fit halten. Es ist für mich aber ein sehr großer Unterschied, ob ich unter freiem Himmel an der frischen Luft radfahre, oder in der beheizten Bude auf einem Hamsterrad sitze und auf die Raufasertapete- oder auf einen Bildschirm glotze. Man merkt draußen auf dem Rad, wie sich der Körper mit jedem gefahrenen Kilometer an die kalten Temperaturen gewöhnt, wie sehr der eigene Energieverbrauch in Richtung Gefrierpunkt steigt, wie gut sich eiskalte Waldluft in den Lungen anfühlt (obwohl die Nase tropft) und wie schön das Kribbeln in roten Bäckchen ist. Man taut innerlich regelrecht auf. Im Winter gibt es keinen Grund nicht aufs Fahrrad zu steigen, außer bei Eisglätte.

 

 

Fahrrad winterfest machen

Korrosionsschutz oder Wachs gegen Nässe und Streusalz auftragen

Alle ungeschützten Stellen und Metallteile müssen mit einem farblosen Korrosionsschutzmittel wie z.B. einem flüssigem Wachs sorgfältig eingepinselt werden. Wer das Schutzwachs als Spray versprüht, meidet unbedingt alle matten Teile inklusive der Lackierung. Es setzt sich dort  irreversibel fest. Auch die Bremsflanken sowie Bremsgummies – und vor allem alle Teile einer Scheibenbremsanlage sind absolutes Tabu, da die Bremsbeläge sehr empfindlich auf Wachs reagieren! Alle Schrauben freuen sich dagegen über ein Tauchbad mit Gewinde. Glatten Teilen kann das Wachs nicht viel anhaben, denn sie fangen danach einfach an zu glänzen.

 

Bowdenzüge für den Winter ölen, damit keine Feuchtigkeit eindringen kann

Die Bowdenzüge müssen innen komplett wasserfrei sein, da sie sonst einfrieren können. Bremsen und Schalten wird dann im Winter zur Glückssache. Beim Fahrrad finde ich persönlich ein Silikonspray für die Züge besser als Öl. Dieses verklebt nicht, verträgt sich besser mit allen Kunststoffen und verdrängt das Wasser. Auch mit Silikonspray wurden schon viele Scheibenbremsbeläge zerstört. Beim kleinsten Verdacht von Silikon-Sprühnebel auf der Bremsscheibe – ohne die Bremse zu betätigen(!) – sofort die Scheibe mit Alkohol entfetten, da ansonsten die Bremsbeläge zerstört werden können.

 

Fahrradkette im Winter geölt halten

Beim Thema Kettenschmierung gehen beim Fahrrad die Meinungen oft auseinander. Meine Devise lautet normalerweise: Die Kette vor allem bei einer Nabenschaltung so wenig ölen wie möglich. Eben nur soviel, dass sie gerade nicht zwitschert. Aber im Winter, wenn Salzwasser, Sand und Streugut auf die Glieder gestrahlt wird muss eine Kette natürlich satt eingeölt sein, sonst rostet sie bzw. wird steif. Der Handel bietet mittlerweile auch rostfreie, verzinkte Ketten an. Diese verschleißen aber immer noch genau so schnell wie früher. Einen optimalen Schutz für die Kette im Winter findet man an Hollandrädern, oder zur nachträglichen Installation hier.

 

Im Winter zusätzliche Reflektoren am Fahrrad anbringen

Abgesehen von einer gut gewarteten, leichtgängigen V-Brake zeigt das Foto unauffällig zwei, weitere Sicherheitsaspekte, die im dunklen Winter für Radler überlebenswichtig werden: Gesehen werden, auch von der Seite! Nicht nur die Fahrrad- Winterreifen haben einen Reflektorring und erfüllen damit die Straßenverkehrsordnung, sondern zusätzlich sind auch noch Speichenreflektoren- Sticks montiert. Egal wie dreckig sie werden, sie reflektieren unglaublich hell und wiegen so gut wie nichts. Manchmal werden sie sehr preisgünstig beim Discounter angeboten. Eine sehr sinnvolle Investition.

 

 

 

Wirkung von Reflektoren und Sicherheitsweste am Fahrrad nachts

Dieses Foto zeigt mich im Winter mit Fahrrad ohne eigene Beleuchtung, aber mit Reflektoren: Deutlich sichtbar sind diese an den Reifen, Speichen und am Frontreflektor. Ohne Zweifel ist die reflektierende Warnweste für Radfahrer nachts immer noch die beste Zusatz-Lebensversicherung. Das Foto wurde aus 30 Metern Entfernung mit Blitzlicht geschossen. Es ist nicht nachbearbeitet. Ich empfehle allen Zweiradfahrern, im Winter eine Sicherheitsweste zu tragen. Auch auf dem Motorrad wird man im Neonlook selbst tagsüber viel besser gesehen. Man merkt den Unterschied an den Reaktionen der anderen Verkehrsteilnehmer deutlich!

 

Gute Beleuchtung am Rad ist im Winter überlebenswichtigDas wichtigste Ausstattungsteil des Winter-Radfahrers ist gutes Licht. Ich persönlich fahre mittlerweile immer mit einem doppelten Beleuchtungsset durch die dunkle Jahreszeit. Damit ist die Beleuchtung 100%ig ausfallsicher und leuchtet auch im Stand. Dem B&M LED-Scheinwerfer habe ich schon mal einen ganzen Test gewidmet. Hinten vertraue ich auf eine LED-Leuchte namens “Cuberaider 2”. Deren Batterien halten bei mir einen halben bis ganzen Winter durch. Es ist eine der wenigen, alltagstauglichen Fahrrrad-Akku-Rückleuchten auf dem Markt. Lediglich bei extremen Regenfahrten gab es vereinzelte Klagen. Zur Not kann das Batteriefach dünn mit Silikon abgedichtet werden.

 

AXA-Dynamo mit großer Reibrolle am WinterreifenDer Seitenläufer-Dynamo ist natürlich Oldschool, aber mein Winterrad ist schon 13 Jahre alt. Bei Feuchtigkeit ist es wichtig, dass der Dynamo an einer dafür ausgelegten Reifenflanke laufen kann. Im Frühling klipse ich die Akkulampen ab und habe für die wenigen, dunklen Stunden dann das Dynamolicht. Ein guter Nabendynamo wäre natürlich besser, aber auch Axa lieferte bis Mitte der 90er Jahre echte Spitzendynamos aus, die durch Kugellager und große Metallreibrollen sehr gut laufen. Alle Kabel und Steckkontakte kann man im Winter dünn mit Kupferpaste bestreichen, dann funktionieren sie auch noch “unter Wasser” und sind langfristig korrosionsgeschützt.

 

Winterreifen fürs Fahrrad - hier von Continental

Winterreifen fürs Fahrrad sind teuer, aber keinesfalls überflüssiger Luxus. Im Gegensatz zu Stollenreifen, die bei Schneematsch auch noch taugen, haben echte Fahrrad-Winter-Pneus eine für Tieftemperaturen optimierte Gummimischung und ein ganz feines Lammellenprofil, das sich wie Autowinterreifen auf glatten Fahrbahnen verzahnt. Continental hat dem Topcontact Winter II noch stumpfe Partikel hinzugefügt, die auf glatten Straßen zusätzlichen Grip aufbauen. Ich habe auch das Winterreifen-Pendant von Michelin getestet. Seit 2013 ziehe ich im November regelmäßig Winterreifen auf mein Fahrrad und habe es bisher noch nie bereut.

 

Fahrrad-Winterreifen

Auf Eis funktionieren natürlich nur noch Spike-Reifen. Sie dürfen am Fahrrad in Deutschland gefahren werden. Davon rate ich aber ab, solange der Asphaltanteil höher, als der Eis- bzw. Schneedeckenanteil ist. Spikes rollen extrem schlecht, sind schwer und nutzen sich auf Asphalt sehr schnell ab. Für Fahrradwinterreifen ohne Spikes gilt das aber nicht: Der Unterschied zwischen Sommer- und Winterreifen ist beim Fahrrad gefühlt mindestens genauso groß wie bei Pkws. Wer einmal Fahrrad-Winterreifen auf verschneiten Straßen gefahren hat, will sie nicht mehr hergeben. Das Sicherheitsgefühl ist eben auch ein Wohlfühlfaktor – gerade beim Zweirad.

 

Fahrrad Steckschutzblech aus Kunststoff für schlechtes Winterwetter

An ganz kalten Tagen stülpe ich sogar noch einen Lammfellbezug über den Sattel. Das hört sich nach Oma-Fahrrad an, vermeidet aber, sich frühmorgens bei Dunkelheit auf einen eiskalten Plastiksattel setzen zu müssen. Zweitens ersetzt ein Lammfellbezug die gepolsterte Radfahrhose unter einer Thermohose. Bei längeren  Fahrten unter 4 Grad Celsius geht der Körper dann wirklich ans Eingemachte. Jeder geradelte Kilometer zählt dann energetisch doppelt: Einfach mal selbst ausprobieren! Ein heißer Tee aus der Thermosflasche ist dann Gold wert. Am besten während der Fahrt direkt griffbereit aus dem Flaschenhalter.

 

Checkliste für das perfekt präparierte Winter-Fahrrad


  • Winterreifen aufziehen
  • Bowdenzüge und Kette schmieren, Bremsen warten
  • Korrosionsschutz bzw. Schutzwachs auf Teile auftragen, die mit Streusalz in Berührung kommen
  • Elektrische Kontakte und Kabelenden mit Kupferpaste vor Korrosion schützen
  • Zusätzliche Beleuchtung, Reflektoren, Schutzbleche und Kettenschutz anbringen
  • Schloss in trockenem Zustand mit Silikonspray oder einem Schlossenteiser behandeln
  • Arbeitszeit: ca. 60 Minuten / ohne Reifenwechsel ca. 40 Minuten

 

Fahrtipps für das sichere Radfahren im Winter

Ungeübte Radfahrer müssen das Fahren auf Schnee erst mal fernab von befahrenen Straßen üben, denn es ist nicht immer ganz einfach zu erkennen, wann es gefährlich wird. Da wäre z.B. das Problem, dass Radwege vom Winterdienst so gut wie immer ganz zum Schluss gestreut werden. Also fährt man entweder auf dem oft ungestreuten Radweg, oder auf der geräumten Straße. Leider liegen hier am Rand gern die geräumten Reste aus Eis- Salz- und Schneegemisch. Gefrieren diese über Nacht zu einem harten Eisblock, wird es beim “möglichst weit rechts fahren” auf der Straße pikant. Besonders gefährlich sind im Winter hart gefrorene Spurrillen, die einen Radfahrer sofort aus der Balance bringen, da man darin wie auf Schienen fährt. Dann vielleicht lieber doch auf dem Radweg seine eigene Spur ziehen. Dabei stößt man als Radler oft auf geistesabwesende Fußgänger, die auf glatten Wegen permanent auf den Weg oder ihr Handy schauen, damit sie nicht ausrutschen… Diese Spezies läuft einem gern genau vor das Vorderrad – Radwege sind unter der weißen Pracht ja auch nicht mehr als solche zu erkennen.

Eisflächen auf der Straße machen das Radfahren gefährlich

Spiegelglatte Fahrbahn durch gefrorenes Wasser

Wer in einer Kurve oder beim Bremsen mit dem Rad ins Rutschen gerät, weiß seine eigenen Füße als rutschende Stütze zu schätzen, die einem vor dem Sturz bewahrt. Das funktioniert aber nur, wenn man mit den Füßen auch fest auf den Boden kommt. Also sollte der Sattel bei rutschiger Fahrbahn etwas tiefer gestellt werden. Dann kann man mit Übung auch auf dem Fahrrad in Moto-Cross-Manier driften. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Bremsen feinfühlig mit exaktem Druckpunkt funktionieren. Sobald man vermutet sich auf einer glatten Straße zu befinden, darf nur noch die hintere Bremse betätigt werden. Blockiert das Vorderrad auch nur kurz, ist ein Sturz oft unvermeidbar. Auf Eis am besten gar nicht lenken und auch nicht bremsen, sondern versuchen ganz ohne Lastwechselreaktionen auf ein weniger rutschiges Stück zu kommen und dann erst in die Eisen gehen. Besondere Vorsicht ist bei rutschigen Gullideckeln, Schienen und weißen Fahrbahnmarkierungen wie z.B. Zebrastreifen geboten, hier ist es oft schon nur bei Regen spiegelglatt. Ich rate auch erfahrenen Radlern davon ab, außer mit Spikes auf eisglatten Fahrbahnen zu fahren. Dann lieber schieben.

Wird es auf den Straßen glatt, gilt es auf dem Fahrrad vor allem bergab möglichst nur noch die Hinterradbremse zu benutzen. Wer vorne bremst, hat bei einem blockierendem Vorderrad auf Eis und Schnee kaum mehr die Chance einen Sturz zu verhindern. Bei einer Vollbremsung hinten hat man selbst bei einem ausbrechenden Hinterrad noch gute Karten ohne Sturz zum Stehen zu kommen. Theorie und Praxis liegen hier weit auseinander: Viele RadfahrerInnen wissen gar nicht, ob der Bremshebel links oder rechts für vorn oder hinten ist… Interessantes zeigen die Unfallstatistiken: In den Wintermonaten gibt es statistisch deutlich weniger Fahrradunfälle als im den Sommer. Die Gründe sind unklar, es wird aber vermutet, dass

  • im Winter eher routinierte Radfahrer unterwegs sind
  • viele Verkehrsteilnehmer bei schlechten Verhältnissen generell vorsichtiger fahren
  • insgesamt natürlich viel weniger mit dem Fahrrad gefahren wird

Mehr Bodenhaftung entsteht neben Winterreifen ebenfalls durch das Absenken des Reifenluftdrucks der Fahrradreifen um 1 oder 2 Bar (Minimalwerte auf der Reifenflanke beachten). Allerdings ist das Fahren dann anstrengender und der Reifen verschleißt etwas schneller.  Ein breiter Reifen fährt sich auf rutschigen Untergründen besser, als ein schmaler Reifen, bei dem der Luftdruck nur bedingt abgesenkt werden kann, da sonst sogar bei flachen Bordsteinen die Felge schnell beschädigt wird. Eine Batterie- oder Akkulampe, die im Sommer 3 h leuchtet, hat bei Kälte nur noch 50-80% Ihrer Kapazität. Bei Minusgraden kann es sein, dass sie statt 3 h nur noch 1,5 h Licht spendet.

 

Fahrrad Winterbekleidung

FrostSteigt man mit kalten Knochen aufs Rad, erhöht sich die Bruchgefahr bei Stürzen. Handschuhe, Reflektorweste und Helm sind für mich obligatorisch, aus diesem Grund ist aber auch wärmende Fahrrad-Winterkleidung eine sehr gute Investition. Der größte Anfängerfehler besteht oft darin, zu viele Schichten anzuziehen, da man auf dem Rad auch im Winter schnell schwitzt und viele Schichten durch ihre Reibung bremsen. Also wie beim Joggen lieber etwas zu kühl als zu warm starten. Wer nach fünf Kilometern dann immer noch friert, holt aus seinem Rucksack eine zweite, dünne Jacke oder ähnliches…

Radfahren ist im Winter erheblich anstrengender – sprich schweißtreibender. Deshalb ist gute Radler-Winterbekleidung doppelt wichtig. Meine Erfahrung in den letzten Jahren hat deutlich gemacht, dass sich eine gute, enganliegende Winterjacke mit einem einzigen Thermoshirt drunter wesentlich leichter fährt als drei Schichten mit zwei Hosen und langen Socken übereinander. Es lohnt sich also, hier mehr Geld in gute Qualität zu investieren als in teure Sommerbekleidung. Wer mal 25 Kilometer auf einer rutschigen Fahrbahn bei Schnee geradelt ist, weiß was ich meine: Der kalte Wind, die dicken Klamotten, nicht schmelzen wollende Schneeflocken auf der Brille, Kurvenfahrten mit Hilfe eines Stützbeins ohne treten zu können und ständiges korrigieren der Fahrspur sind viel anstrengender, als in der Sommerbrise… Radfahren im Winter kostet richtig viel Kraft und Kalorien!

 

Geht das Thermometer gegen den Gefrierpunkt, wird es auf längeren Strecken immer schwieriger, die Füße warm zu halten. Die Hände werden (im Gegensatz zum Motorradfahren) stärker durchblutet und erwärmen sich bei leichter Anstrengung nach ein paar Rad-Kilometern von selbst, die Füße stehen aber quasi starr auf den eiskalten Metallpedalen. Selbst in guten Goretex-Wintersportschuhen kühlen nach 15 km meine Füße aus. Das einzige, was dagegen auf frostigen Touren hilft, sind Thermo-Überschuhe fürs Fahrrad, die auch vor Nässe schützen. Wer mit Klickpedalen im Winter fährt hat noch kältere Füße, da eine unerwünschte Kältebrücke von den eiskalten Pedalen in den Schuh entsteht. Eine Thermo-Einlegesohle kann hier helfen, besser sind professionelle Fahrradwinterschuhe, die leider ziemlich teuer sind. Deutlich unter 100,- EUR geht es ohne Klick aber auch:

Fahrrad Überschuhe Winter

Links im Bild professionelle Thermo-Überschuhe, in der Mitte dichte Regenüberschuhe und rechts ein paar halbe Überzieher aus Neopren, die schon für ein paar Euro zumindest etwas gegen Kälte schützen

Gute Erfahrungen habe ich mit Gore-Tex Winter-Walkingschuhen gemacht. Die Sohle ist zumindest im Winter recht hart (beim Radfahren ist das ja erwünscht), sie sind relativ leicht, wasserdicht, atmungsaktiv und sowohl auf der Straße als auch auf den Pedalen sehr rutschfest. Bei Regen saugen sich bei Halbschuhen die Socken voll Wasser. Die Feuchtigkeit zieht dann über die Socken in die Schuhe. Hier helfen entweder Stulpen, eine überlange Radhose die noch leicht über die Schuhe reicht oder (Thermo-) Überschuhe. Leider habe ich die Erfahrung machen müssen, dass normale, dichte Regenüberschuhe auch keine Feuchtigkeit herauslassen. Nach einer längeren Regenfahrt hat man dann automatisch wieder feuchte Socken und Schuhe – diesmal vom eigenen Schweiß, der nicht mehr verdunsten kann…

 

Fahrrad Winterhandschuhe in drei Ausführungen

Links Schweinepfoten für Motorradfahrer, in der Mitte Winterhandschuhe mit Handballenpolster, rechts dünnere Winterhandschuhe speziell für filigrane Rennrad-Schaltungen

Werden auch die Hände nicht warm, empfehlen sich die bewährten “Schweinepfoten” – sprich Zweifinger-Thermo-Fäustlinge aus dem Motorrad-Zubehör. Bei allen etwas dickeren Thermohandschuhen kann man davon ausgehen, dass sie sich für die kleineren, innenliegenden Schaltwippen moderner Rennradschaltungen nicht eignen. Hier braucht man dünnere Fahrradhandschuhe – die Hände müssen erst warm gefahren werden. Trotzdem empfehle ich keinesfalls auf eine Polsterung am Handballen zu verzichten, da die Erschütterungen im Winter noch viel mehr in die kalten Knochen gehen. Reifen, Rahmen, Lenker, Griffe werden bei kalten Temperaturen steinhart und geben nicht mehr nach. Die Vorstellung bei einem Sturz auf einer splitgetreuten Straße zu landen sollte Grund genug für eine Polsterung sein.

 
Fahrrad Winterbekleidung für Kopf und Hals

Grundausstattung im Winter: Radhelm mit Regenüberzieher (das Ding ist bei jedem Regenschauer Gold wert), Unterziehmütze für den Helm, die über die Ohren geht und rechts ein dickeres Schlauchtuch aus dem Motorrad-Zubehör

Eine leichte Thermohose für Skilanglauf ohne etwas darunter hilft optimal gegen kalte Oberschenkel und minimiert die Reibung, die sonst durch normale Thermounterwäsche (als Zwiebelprinzip) unter einer viel zu kalten Jeans entsteht. Skilanglaufhosen sind erheblich günstiger als Fahrradwinterhosen. Am Oberkörper kann das Zwiebelprinzip z.B. in Form eines zusätzlichen Fleecepullovers über dem Trikot oder Funktions-Shirt angewendet werden. Ein Schlauchtuch leistet ebenfalls sehr gute Dienste. Mittlerweile habe ich mir auch eine Helmmütze gegönnt und möchte sie schon ab dem Herbst nicht mehr missen, weil sie auch die Ohren abdeckt.

Gute Fahrrad-Winterbekleidung ist für den Fahrspaß in der dunklen Jahreszeit mindestens genauso wichtig, wie ein gutes Winter-Fahrrad.

Ich kann nach ein paar Jahren als Winter-Fahrrad-Pendler bestätigen, dass sich etwas teurere Fahrradbekleidung auszahlt. Am besten kauft man diese im Sonderangebot ab Herbst oder zwischen den Jahren im Winterschlussverkauf. Es ist ein Riesenunterschied, ob man mit zwei Sommer-Race-Trikots und einer Herbstjacke als Zwiebel übereinander leicht feucht in den Winter rauscht, oder mit wirklich passender Kleidung in die klirrende Kälte fährt. Gute Sportler-Kleidung ist im Winter noch viel wichtiger als ein passendes Winter-Bike: Passende Thermokleidung und adäquate Beleuchtung am Rad zahlen sich in Form von Komfort aus.

 

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