Unter dem etwas sperrigen Mode-Begriff “Bikepacking” machten größere Rahmentaschen in den letzten Jahren Karriere. Im Gegensatz zu vollbarttragenden Outdoor-Haudegen, die auf SUV-E-Bikes jedem Wetter trotzend ganze Kontinente auf abenteuerlichen Schlammpfaden ergraveln suchte ich aus viel trivialerem Grund nach schlichter Erleichterung: Nämlich für meinen Rücken!
Schon vor der Corona-Pandemie pendelte ich immer mit einem vollgepackten Rucksack zur Arbeit. Seit Corona ist durch das Homeoffice allerdings noch ein schweres Notebook mit Netzteil und Elektro- und Bürokrams dazu gekommen. Diese drei Kilo mehr auf dem Rücken über 44 Kilometer Fahrrad-Pendlerstecke wurden mir mit dann knapp sieben Kilogramm Gesamtgewicht eindeutig zu schwer. Außerdem platzte der relativ kleine Rucksack damit schon im Sommer aus allen Nähten. Deshalb suchte ich nach einer einfachen, günstigen und leichten Transportmöglichkeit am Rad, um das Gewicht besser zu verteilen. Nach den ersten beiden Fahrten besorgte ich mir sofort ein zweites Notebook-Netzteil und eine zweite Maus. Gewichtigere Kleidungsstücke wurden im Büro deponiert.
Zusätzlich kaufte ich mir eine günstige 4-Liter Rahmentasche mit variablem Volumen von M-WAVE. Geplant war dort Werkzeug, Obst und Kleinkram zu deponieren, um den Rucksack deutlich entlasten. Das empfindliche Notebook kann in keine ungefederte Fahrradtasche, es muss vor Vibrationen geschützt auf dem Rücken bleiben.
Nun kann man anmerken, dass professionelle FahrradpendlerInnen über eine so weite Strecke fast alle mit modernen Packtaschen am Gepäckträger fahren – schon allein um das Schwitzen am Rücken zu vermeiden. Diese Möglichkeit ist nicht schlecht, kommt aber für mich persönlich aus mehreren Gründen nicht in Frage:
- Ein Packtaschensystem verlangt einen guten Gepäckträger, beides kostet Geld und / oder erzeugt spürbar mehr Gewicht
- Packtaschen versauen nicht nur die schlanke Linie, sondern verschlechtern die Aerodynamik am Rad nachweislich
- Die fast ungefederten Massen steigen erheblich an – ein empfindliches Notebook hat in vibrierenden Packtaschen nichts verloren
- Durch das Gewicht weit hinten verschlechtern sich die Fahreigenschaften und mit einer Tasche allein zieht das Rad immer eine Kurve
- Packtaschen sind am Rad allein wenig diebstahlsicher, sondern taugen im Alltag eher für größere Einkäufe im Supermarkt
Variable Rahmentasche von M-Wave
Die federleichte M-Wave Rahmentasche hat wasserdichte Reißverschlüsse und eine wasserdichte Innenauskleidung. Das Gewebe, die Nähte, universell versetzbare Klettschlaufen und die individuelle Unterteilungsmöglichkeit des Hauptfachs machen einen hochwertigen Eindruck. Vier aufgesetzte Netztaschen sorgen für schnelle Zugriffsmöglichkeiten auf Kleinkram. Das Volumen ist vergrößerbar auf bis zu 4,2 Liter. Die Rahmentasche hat ausgeklappt ungefähr die Außenmaße von 42 x 25 cm (eingeklappt 14 cm) bei einer Breite von 8,5 – 9 cm. Für unter 30,- Euro ein echtes Schnäppchen, dass auch mal einfach leer am Rad verbleiben kann.
Von größter Wichtigkeit war vor dem Kauf den verfügbaren Platz im Rahmendreieck exakt auszumessen: Die Tasche lieber etwas zu klein als zu groß wählen, sonst können die Klettbänder nicht richtig gespannt werden. Ich habe dazu auch die Kundenbewertungen studiert, da die Herstellerangaben gerne mal etwas abweichen. Wer an dieser Stelle schlampt, wird keine Freude an einer Rahmentasche haben. Sie macht nur Sinn, wenn sie wirklich möglichst genau ans Fahrrad passt. Also vorher überlegen, ob die Schlaufen passen, außen laufende Bowdenzüge durch das hängende Gewicht in Ihrer Funktion beeinträchtigt werden, ein Trinkflaschenhalter unter der Taschen Platz haben muss, ob sie an einem anderen Fahrrad im Urlaub genutzt werden soll usw.
Ein Getränkeflaschenhalter wird bei vielen Fahrrädern noch unter die Tasche in den Flaschenhalter passen, bei meinem sehr kurzen Rahmen des Stevens Cityflyers, der primär für agile Stadtfahrten konstruiert wurde, wird es auch eingeklappt etwas eng. Ich habe den Flaschenhalter schlussendlich einfach demontiert. Dafür fasst die Rahmentasche locker zwei 1-Liter-PET-Flaschen bzw. sogar drei 0,5 Liter Pfandglasflaschen. Bei letzteren ist nach meinem Empfinden dann mit gut 2,5 kg auch das maximal sinnvolle Zuladungsgewicht der M-Wave Rahmentasche erreicht, da das Gewicht der Glasflaschen die Taschenform äußerlich etwas deformiert. Die Tasche selbst steckt aber richtig was weg: Schlüssel, Kamera, Engerieriegel, Sonnenbrille, Portmonnaie oder Handy passen dann immer noch rein.
Die Rahmentasche im Alltagseinsatz beim Pendeln
Statt der Flaschen würde sicherlich auch eine kleine Fotoausrüstung mit ein paar Objektiven Platz finden. Das 15″ Macbook passt übrigens nicht hinein, der dauerhafte Transport damit wäre aber wie schon gesagt grob fahrlässig. Ehrlicherweise muss man auch zugeben, dass die geometrische Grundform eines Dreiecks als Ganzes für einen voluminösen Gegenstand in der Praxis weniger Platz bietet als man zunächst bei 4 Litern vermutet. Im Pendleralltag packe ich das Werkzeug, die Verpflegung und den Kleinkram noch in der Wohnung in eine Plastiktüte und diese dann in die Rahmentasche. Angekommen entnehme ich einfach die Tüte und muss nichts mehr umpacken. Daher hatte die Wasserdichtigkeit für mich persönlich auch keine besonders hohe Priorität. Mein Rucksack hat nun maximal noch ein Gewicht von 4 – 5 Kilogramm, damit komme ich noch gut zurecht. Die Aufteilung der Masse brachte wirklich die gewünschte Erleichterung. Durch die Nähe des mittleren Fahrrad-Schwerpunktes entsteht übrigens nahezu unverändertes Fahrgefühl, außer dass das Rad eben insgesamt schwerer wird. Das zusätzliche Gewicht der ungefederten Massen spürt man nur beim Anfahren und beim runterfahren von hohen Bordsteinen. Das Fahrrad verhält sich mit der Rahmentasche in allen Situation absolut neutral – genauso hatte ich mir das vor dem Kauf vorgestellt. Das Handling im Alltag funktioniert ebenfalls perfekt:
Versehentlich ist mir eine Flasche Wasser ausgelaufen, die Rahmentasche hielt absolut dicht. Ein großes, schweres Fahrradschloss findet mühelos und absolut klapperfrei seinen Platz. Am Supermarkt bleibt die Tasche am Fahrrad, die Wahrscheinlichkeit eine Diebstahls ist durch das zeitraubende Abfummeln der Klettbänder gering und wäre bei dem Preis verschmerzbar. Bedenkenträger können die Klettbänder mit einem Tropfen Sekundenkleber sichern oder mit ein paar Stichen vernähen. Für meinen Geschmack hätten sie für dickere Rahmenrohre eines E-Bikes ruhig noch etwas länger sein können, aber grundsätzlich halten sie. Die Tasche passt auch problemlos an mein Cyclocross und an mein Dahon-Bullhead Faltrad.
Die Klettbänder sind an den Auflagepunkten übrigens mit einer lackschonenden, weichen Silikonschicht versehen. Ich kann aber aus Erfahrung sagen, dass bisher alle gekletteten Fahrradteile bei mir auf Dauer Spuren an der Rahmenlackierung hinterlassen haben. Auf Dauer sammelt sich Staub, Feuchtigkeit und Dreck unter den Laschen und verwandelt sich zusammen mit dem leicht reibendem Gewicht zu einer lackfeindlichen Schleifpaste.
M-Wave bietet neben der Rahmentasche übrigens noch weitere Fahrradtaschen in dazu passendem Design an. Die Tasche ist in Schwarz-blau oder in Gelb erhältlich. Die Rahmentasche wurde für diesen Test selbst bei Amazon erworben und ist nicht als Testprodukt von einer Firma gesponsort worden.
Fazit der M-Wave Rahmentasche im Test
- vor dem Kauf muss das Rahmendreieck penibel ausgemessen werden
- durch die mittlere Gewichtsverteilung wird die ursprüngliche Fahrdynamik kaum beeinflusst
- die Rahmentasche ist am Rad schwerpunktneutral und störungsfrei in einem Totraum integriert
- weder die schlanke Linie, das Gewicht noch die aerodynamischen Eigenschaften werden negativ beeinflusst
- trotz der 4,2 Liter Packvolumen sollte die Zuladung aus meiner Sicht 2,5 bis 3 Kilo dauerhaft nicht überschreiten
- Ein sicherer Zugriff ist sogar während der Fahrt gewährleistet
- die M-Wave-Rahmentasche ist relativ preiswert und gut verarbeitet
- sie kann problemlos an verschiedenen Fahrrad-Kategorien verwendet werden
- Einziger Kritikpunkt: Die Klettbänder sind für voluminöse Rohrdurchmesser zu kurz, bei E-Bikes kann es knapp werden